Frege

Frege
Frege,
 
Friedrich Ludwig Gottlob, Mathematiker, Logiker und Philosoph, * Wismar 8. 11. 1848, ✝ Bad Kleinen 26. 7. 1925; studierte Mathematik, Physik, Chemie und Philosophie in Jena und Göttingen (1869-71); seit 1879 Professor der Mathematik in Jena. - Frege gilt als eigentlicher Begründer der modernen Logik. Daneben hat er bedeutende Beiträge zur mathematischen Grundlagenforschung geleistet. Seine sprachanalytischen Untersuchungen beeinflussten nachhaltig die Entwicklung der Philosophie und der Linguistik.
 
In der »Begriffsschrift, eine der arithmetischen nachgebildete Formelsprache des reinen Denkens« (1879; Nachdruck 1971) entwickelte Frege den ersten leistungsfähigen Logikkalkül zum Aufbau der Prädikatenlogik. An die Stelle der traditionellen Analyse einer Elementaraussage nach Subjekt und Prädikat tritt darin die Analyse von (quantifizierten) Aussageformen nach dem Vorbild von Funktion und Argument. Freges bahnbrechende Neuerung blieb weitgehend unbeachtet, was teilweise auf die von ihm verwendete unübersichtliche zweidimensionale Symbolik (»Begriffsschrift«) zurückzuführen ist. Schon in dieser frühen Schrift findet sich das an G. W. Leibniz orientierte Logisierungsprogramm eines durch formalisierte Schlussketten verbundenen Kalküls (Logizismus) für die Mathematik. Der Durchführung dieses Ansatzes ist Freges Hauptwerk »Grundgesetze der Arithmetik« (2 Bände, 1893-1903; Nachdruck 1962) gewidmet. Ihm voran gingen »Die Grundlagen der Arithmetik« (1884; Nachdruck 1986), worin er sich kritisch mit den zeitgenössischen Ansätzen zur Grundlegung des Zahlbegriffes auseinander setzt und diesen seine Definition der Anzahl als Klasse von gleichmächtigen Klassen entgegenstellt. Diese Festsetzung wurde von Frege als eine rein logische betrachtet, weil er die Begriffsbildungen der Mengenlehre - die er als »Werteverlauf einer Funktion« oder auch als »Begriffsumfänge« behandelte - zur Logik rechnete. Die »Grundgesetze« lieferten, von dieser Basis ausgehend, im ersten Band die Grundlagen der Arithmetik. Im zweiten Band finden sich neben Auseinandersetzungen mit zeitgenössischen Theorien der reellen Zahlen (G. Cantor, K. Weierstrass) Ansätze zur größentheoretischen Begründung der irrationalen Zahlen. Unter dem Eindruck der von B. Russell mitgeteilten Antinomie der Menge aller Mengen, die sich nicht als Element enthalten, brach Frege sein Unternehmen ab.
 
Die für die Sprachphilosophie wichtigste Arbeit ist der Aufsatz »Über Sinn und Bedeutung« (1892, in: Funktion, Begriff, Bedeutung. Fünf logische Studien, herausgegeben von G. Patzig, 51980), in der Frege eine allgemeine Semantik entwickelte. Der Bedeutung von Eigennamen, die gleich dem bezeichneten Gegenstand ist (»Abendstern« hat die gleiche Bedeutung wie »Morgenstern«, die Venus), setzt er deren Sinn entgegen, der in ihrer »Gegebenheitsweise« bestehe (Der Abendstern erscheint am Abend, der Morgenstern am Morgen). Eigennamen versteht er somit als verkürzte Kennzeichnungen. Bei Sätzen hingegen ist - im einfachsten Fall der Aussage - die Bedeutung gleich ihrem Wahrheitswert, ihr Sinn dagegen ist der in ihnen ausgedrückte »Gedanke«. Dabei trennte er erstmals scharf zwischen Objekt- und Metasprache. Großen Einfluss hatte Freges Forderung, nach der Bedeutung von Wörtern (Eigennamen ausgenommen) immer im Satzzusammenhang zu fragen. Freges Werk blieb zu seiner Zeit fast unbeachtet. Der Kreis seiner unmittelbaren Schüler, unter denen R. Carnap der bedeutendste war, blieb klein. Es ist v. a. das Verdienst von B. Russell und L. Wittgenstein, sein Werk bekannt gemacht zu haben. Gerade im angelsächsischen Raum wird seither der Philosophie Freges größte Bedeutung beigemessen.
 
Ausgaben: Kleine Schriften, herausgegeben von I. Angelelli (1967); Nachgelassene Schriften und wissenschaftlicher Briefwechsel, herausgegeben von H. Hermes und anderen, 2 Bände (1969-76); Logische Untersuchungen, herausgegeben von G. Patzig (21976); Schriften zur Logik und Sprachphilosophie, herausgegeben von G. Gabriel (21978).
 
 
C. Thiel: Sinn u. Bedeutung in der Logik G. F.s (1965);
 C. Thiel: Die Abstraktion, in: Grundprobleme der großen Philosophen, hg. v. J. Speck. Abt.: Philosophie der Gegenwart, Bd. 1 (21979);
 M. A. E. Dummett: F. Philosophy of language (London 1973);
 
F. u. die moderne Grundlagenforschung, hg. v. C. Thiel (1975);
 
Studien zu F., hg. v. M. Schirn, 3 Bde. (1976);
 M. Dummett: F. Philosophy of language (London 21981, Nachdr. ebd. 1992);
 R. Stuhlmann-Laeisz: G. F.s »Logische Untersuchungen« (1995).

Universal-Lexikon. 2012.

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